Syndromanalyse

Neuropsychologische Methode

Der Begriff Syndromanalyse geht auf den russischen Neuropsychologen Alexander R. Lurija zurück. Sie stellt eine Methode zum Verständnis der Ursachen und Wirkungen neuropsychologischer Syndrome dar.

Die Syndromanalyse wird von Lurija als methodische Grundlage seiner neuropsychologischen Forschungen entwickelt. Sie beginnt mit der systemischen Beschreibung eines umfassenden Symptomkomplexes, um darauf aufbauend, unter Berücksichtigung anatomischer, physiologischer und biographischer Daten, zu einem Verständnis der Funktionalität der Symptome hinsichtlich bestimmter neurobiologischer, psychologischer oder sozio-kultureller Bedingungen zu gelangen, unter denen das Syndrom hervortritt oder auffällig wird.

Der klassischen, defizitären Sichtweise von Syndromen als Ausfall, Fehler oder anderem pathologischen Geschehen stellt Lurija eine neuropsychologische Theorie komplexer funktioneller Systeme gegenüber, in der nicht das Fehlen von Hirnfunktionen als Ursache für das Auftreten eines bestimmten Symptomkomplexes angenommen wird, sondern eine veränderte Form ihres Zusammenspiels etwa als Folge lokaler Hirnverletzungen.

Damit wird es möglich, ein Syndrom nicht bloß als Ausdruck eines Mangels, sondern auch als Ursprung von Überschüssen zu begreifen, wie dies etwa auch der New Yorker Neuropsychologe Oliver Sacks in seinen eindrucksvollen Fallgeschichten zeigt. Die Systemische Syndromanalyse ist eine von André Frank Zimpel entwickelte Sonderform der Syndromanalyse, die durch Perspektivwechsel empirisch begründete pädagogische Ideen entwickelt. Sie kommt insbesondere bei Personen mit Trisomie 21 (Downsyndrom), Personen im Autismusspektrum und anderen Formen der Neurodiversität zur Anwendung.

Literatur

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  • W. Jantzen: Allgemeine Behindertenpädagogik., Band 2, Weinheim/Basel 1990, ISBN 3407557094.
  • W. Jantzen, Hrsg.: Die neuronalen Verstrickungen des Bewusstseins. Zur Aktualität von A. R. Lurijas Neuropsychologie, Münster/Hamburg 1994, ISBN 3894734108.
  • W. Jantzen/W. Lanwer-Koppelin: Diagnostik als Rehistorisierung. Methodologie und Praxis einer verstehenden Diagnostik am Beispiel schwer behinderter Menschen., Berlin 1996, ISBN 3891660790.
  • A.R. Luria: Die höheren kortikalen Funktionen des Menschen und ihre Störungen bei örtlichen Hirnstörungen., Berlin 1970
  • A. R. Luria: Der Mann, dessen Welt in Scherben ging., Reinbek 1991, ISBN 3499193809.
  • A. R. Luria: Das Gehirn in Aktion. Einführung in die Neuropsychologie., Reinbek 1992, ISBN 3499193221.
  • A. R. Luria: Romantische Wissenschaft., Reinbek 1993, ISBN 349919533X.
  • O. Sacks: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte., Reinbek 1987, ISBN 3499187809.
  • O. Sacks: Eine Anthropologin auf dem Mars., Reinbek 1995, ISBN 3499602423.
  • A. F. Zimpel: Zwischen Neurobiologie und Bildung. Individuelle Förderung über biologische Grenzen hinaus., Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-70125-6.
  • A. F. Zimpel: Studien zur Verbesserung des Verständnisses von Lernschwierigkeiten bei Trisomie 21 In: Zeitschrift für Neuropsychologie 24, S. 35–47, doi:10.1024/1016-264X/a000085.
  • A. F. Zimpel: Trisomie 21. Was wir von Menschen mit Down-Syndrom lernen können. 2000 Personen und ihre neuropsychologischen Befunde. Göttingen 2016, ISBN 978-3-525-70175-1.
  • A. F. Zimpel/ A. C. Röhm: A Study of Imitation Ability in People with Trisomy 21 In: Zeitschrift für Neuropsychologie 24, S. 223–235, doi:10.1024/1016-264X/a000232.
  • A. F. Zimpel/T. Rieckmann: The Influence of Trisomy 21 on Subitising Limit In: International Journal of Disability, Development and Education,doi:10.1080/1034912X.2020.1737317.

Siehe auch

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Liste der Syndrome