Sekundärmigration

in der Migrationsforschung der Fall , in dem Auswanderer nach der Auswanderung in einen anderen Ort oder Staat weiterziehen

Als Sekundärmigration wird in der Migrationsforschung der Fall bezeichnet, in dem Auswanderer nach der Auswanderung in einen anderen Ort oder Staat weiterziehen. Der erste Migrationsvorgang wird entsprechend als Primärmigration bezeichnet.

Die Sekundärmigration kann innerhalb eines Landes als Binnenwanderung oder grenzüberschreitend als internationale Wanderung erfolgen.[1]

Politisches Schlagwort

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In der politischen Diskussion wird insbesondere der Fall thematisiert, dass Flüchtlinge aus Sicheren Drittstaaten in ein weiteres Zielland einreisen, um dort Asyl zu beantragen. Dieser Sachverhalt wird im Englischen informell und mit negativer Konnotation auch als asylum shopping bezeichnet.[2] In der Deutschen Sprache wird davon abgeleitet Asyl-Shopping, auch in der Schreibweise Asylshopping[3] auch Asyltourismus[4] als ein politisches Schlagwort verwendet, um kritisch die Auswahl eines bestimmten Staates durch Asylbewerber zu bezeichnen, welcher bessere Asylbedingungen oder höhere Sozialleistungen bietet.[5] Jakob Biazza kritisierte in der Süddeutschen Zeitung, dass der Begriff Asyltourismus „die Flucht vor Gewalt, Krieg, Folter, Verfolgung, Hunger oder Armut zur Quasi-Urlaubsreise“ umdeute.[6][7] Die Schriftstellerin Dagmar Leupold nannte die Verwendung solcher Begriffe in der ZEIT „infame Rhetorik“ und sprach von der „verrohten Sprache“ der „Hetzparolenindustrie“.[8]

Allgemeines

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Das Push-Pull-Modell der Migration geht davon aus, dass die Motivation für eine Migration zum einen aus Push-Faktoren (auch Migrationsdruck) besteht. Dies sind die Gründe für eine Auswanderung. Zum anderen bestehen Pull-Faktoren, also Gründe, für die Einwanderung in ein bestimmtes Land. Aus finanziellen, räumlichen, rechtlichen oder praktischen Gründen ist es Einwanderern aber vielfach verwehrt, sich dort niederzulassen, wo die stärksten Pull-Faktoren bestehen. In diesen Fällen kommt es teilweise zu einer Primärmigration in ein Land mit niedrigeren Hürden für die Einwanderung und danach zu einer Sekundärmigration in das Wunschland.

Historische Beispiele

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Historische Beispiele für Primär- und anschließende Sekundärmigration sind:

  • Die Hugenottische Diaspora entstand zunächst in den protestantischen Länder Europas. Eine sekundäre Wanderung führte in das niederländische Südafrika, in die USA (Boston, New York und Charleston), in das französische Kanada und nach Russland.
  • Im 19. Jahrhundert kam es zu einer Auswanderung der Ruhrpolen in die Industriegebiete an Ruhr und Rhein. Diese Migration war dadurch erleichtert, dass es sich rechtlich um eine Binnenmigration handelte, da sowohl Aus- als auch Einwanderungsgebiet Teil des Königreichs Preußen waren. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs änderte sich die wirtschaftliche und politische Lage. Nun war Polen als eigener Staat entstanden und die Wirtschaftslage in Deutschland schlecht. In der Folge kam es im Laufe der 1920er Jahre einerseits zu einer Rückwanderung eines Teils der Ruhrpolen nach Polen und zu einer Sekundärmigration in die nordfranzösischen Kohlereviere von Lille und Lens.[9]

Asylpolitik der EU

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Die englische Phrase asylum shopping wird meistens im Zusammenhang mit der uneinheitlichen Asylpolitik der Europäischen Union und dem Schengenraum verwendet, aber auch vom kanadischen Bundesgerichtshof benutzt.[10] Der Begriff „Asyltourismus“ findet sich seit 1978 in Debattenprotokollen des Deutschen Bundestages, wo er von Vertretern verschiedener Parteien verwendet wurde.[11]

Laut dem Eurodac-Bericht 2016 beantragten 30 % der 1.018.074 Asylbewerber in einem Staat der Europäischen Union Asyl, nachdem sie zuvor bereits Asyl in einem anderen Mitgliedsstaat beantragt hatten.[12] Die bevorzugten Staaten waren Deutschland (48 %) gefolgt von Frankreich (12 %) und Italien (8 %).[12]

Die Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) soll „Asyl-Shopping“[13] und den wiederholten Transfer von Asylbewerbern zwischen Staaten verhindern.[14] Um einen Missbrauch zu vermeiden, sieht das Dubliner Übereinkommen vor, dass ein Asylbewerber seinen Asylantrag in dem Land der EU stellen muss, das er zuerst betritt.[15] Asylbewerber sollen in jene Länder zurückgebracht werden, wo sie zum ersten Mal in der Europäischen Union registriert und Fingerabdrücke abgenommen wurden.[14] Das Fingerabdruck-Identifizierungssystem EURODAC wird verwendet, um falsche oder mehrfache Asylanträge zu verhindern.[16]

Die Entscheidung des EU-Landes über den Asylantrag, in dem die Registrierung stattfand, gilt dann auch für die restlichen Staaten der Europäischen Union. Manche Asylsuchenden widersetzen sich der Registrierung und der Abnahme von Fingerabdrücken in jenen Ländern, die als weniger asylbewerberfreundlich gelten.[15]

Einzelnachweise

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  1. Nadia El-Shaarawi, Stéphanie Larchanché: Migration and Health: Challenging the Borders of Belonging, Care, and Policy. Berghahn Books, 2022, ISBN 978-1-80073-501-9, S. 5.
  2. European Commission - Migration and Home Affairs: asylum shopping. Abgerufen am 2. März 2022 (englisch).
  3. Oliver Grimm, Susanna Bastaroli: Wie verhindert man Asylshopping? Die Presse, 21. Juni 2018, abgerufen am 25. Juni 2018.
  4. Thomas Mayer, Fabian Sommavilla, Adelheild Wölfl: EU-Sondergipfel soll Asyltourismus zwischen den Staaten beenden. In: Der Standard. 21. Juni 2018, S. 4–5
  5. Asylum shopping, Glossar auf ec.europa.eu.
  6. Jakob Biazza: Wer "Transitzentren" sagt, sagt auch "Asyltourismus", Süddeutsche Zeitung, 3. Juli 2018
  7. Jakob Biazza: Als wäre Flucht eine Kreuzfahrt mit Piña colada, Die Zeit, 5. Juli 2018
  8. Dagmar Leupold: Hetzparolenindustrie, Die Zeit, 11. Juli 2018
  9. Geschichte: Die Nazis lösen alle polnischen Vereine auf. In: Die Zeit. Nr. 50/2010 (online).
  10. Asylum Shopping Definition (Memento des Originals vom 25. Juni 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.duhaime.org, duhaime.org.
  11. Deutscher Bundestag: Drucksachen und Plenarprotokolle des Bundestages - ab 1949, Suchbegriff „Asyltourismus“, abgerufen am 9. Juli 2018.
  12. a b European Parliamentary Research Service: Secondary movements of asylum - seekers in the EU asylum system. April 2017, S. 4, abgerufen am 13. August 2018 (englisch).
  13. Select Committee on European Union Tenth Report, House of Lords
  14. a b Fact Sheet on the Dublin Convention. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. Juni 2018.
  15. a b Jim Yardley, Gaia Pianigiani: Out of Syria, Into a European Maze. New York Times, 29. November 2013, abgerufen am 25. Juni 2018.
  16. Why is EU struggling with migrants and asylum? BBC, 3. März 2016, abgerufen am 25. Juni 2018.