Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Ecuador 2021

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Ecuador 2021 fand im Frühjahr des Jahres 2021 statt. Die Wahl der Nationalversammlung (Asamblea Nacional) und die erste Runde der Präsidentschaftswahl wurden am 7. Februar 2021 abgehalten. Am 11. April fand die erforderlich gewordene Stichwahl des Präsidenten statt.

Guillermo Lasso Andrés Arauz
Die Kandidaten in der
Präsidentschafts-Stichwahl:
Guillermo Lasso (links)
und Andrés Arauz (rechts)

Die Wahl stand unter dem Eindruck der COVID-19-Pandemie und der dadurch ausgelösten Wirtschaftskrise in dem von Erdölexporten abhängigen Land.[1][2] Demnach waren unter anderem die Überwindung der Krisen in Wirtschaft und Gesundheitsversorgung sowie die Forcierung der COVID-19-Impfungen in Ecuador bestimmende Wahlkampfthemen.[3]

Präsidentschaftswahl

Bearbeiten

Hintergrund

Bearbeiten
Der amtierende Präsident Moreno trat nicht zur Wiederwahl an.

Der seit der Wahl 2017 amtierende Präsident Lenín Moreno trat vor dem Hintergrund schlechter Umfragewerte nicht zur Wiederwahl an,[4] obwohl er für eine weitere Amtszeit wählbar gewesen wäre. Auf seine Nachfolge bewarben sich 15 Kandidaten und eine Kandidatin verschiedener Parteien, Bewegungen und Bündnisse. Darunter befand sich mit Lucio Gutiérrez (PSP) auch ein ehemaliger Präsident, der das Land in den Jahren 2003 bis 2005 geführt hatte.

Das ecuadorianische Wahlsystem sieht eine zweistufige Präsidentenwahl vor. In der ersten Runde ist gewählt, wer mindestens 40 % der Stimmen auf sich vereinen kann und dabei mehr mindestens zehn Prozentpunkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten hat.[5][6] Andernfalls kommt es zu einer Stichwahl, in der die absolute Stimmmehrheit zählt. Die Präsidentschaftskandidaten nominieren zudem einen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, beide stehen gemeinsam zur Abstimmung. Die Wahlen werden vom Consejo Nacional Electoral (CNE, zu Deutsch: Nationaler Wahlrat) organisiert.

Aussichtsreiche Kandidaten

Bearbeiten

In den Umfragen vor der Wahl führten drei Kandidaten mit deutlichem Vorsprung und konnten sich somit Hoffnungen auf den Einzug in die zweite Runde machen.

Der linksgerichtete Andrés Arauz wurde von der Unión por la Esperanza (UNES, zu Deutsch: Vereinigung für die Hoffnung), einem Bündnis aus der Fuerza Compromiso Social (FCS) und dem Movimiento Centro Democrático (CD), unterstützt. Arauz galt politischer Ziehsohn des umstrittenen Ex-Präsidenten Rafael Correa,[7][1] unter dem er bereits Minister für Kultur war, und vertrat dessen Kurs der „Revolution der Bürger“ und des Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Ursprünglich sollte Correa selbst als Vizepräsident von Arauz kandidieren, was aber durch dessen Verurteilung wegen Bestechlichkeit nicht möglich war.[8] Arauz’ Wahlprogramm enthielt etwa die Erhöhung staatlicher Subventionen und die Beendigung des vom Internationalen Währungsfonds auferlegten Sparkurses.[1]

Ihm gegenüber stand mit Guillermo Lasso ein konservativer Politiker und größter Anteilseigner der Banco de Guayaquil, der um die Jahrtausendwende bereits „Superminister“ für Wirtschaft gewesen war. Lasso bewarb sich mit dem von ihm begründeten Movimiento Creando Oportunidades (CREO) mit Unterstützung der christsozialen Partido Social Cristiano (PSC) nach 2013 und 2017 zum dritten Mal um die Präsidentschaft. In den beiden Wahlen zuvor hatte er jeweils die Stichwahl erreicht, unterlag aber mit Correa bzw. Moreno jeweils den Kandidaten des linken Spektrums. Vor der Wahl warb er damit, das Land mit wirtschaftsliberaler Politik, Steuersenkungen und Öffnung für ausländische Investoren aus der Krise führen zu wollen.[2]

Der von der indigenen Pachakutik (MUPP) unterstützte ehemalige Präfekt der Provinz Azuay, Yaku Pérez, trat mit einem Programm für ökologischen Wandel, Menschenrechte und die Achtung der Interessen der indigenen Bevölkerung Ecuadors an. Er distanzierte sich sowohl von der Politik Correas als auch von dem neoliberalen Kurs von Moreno und Lasso.[9][10]

Wahlausgang

Bearbeiten

Im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl am 7. Februar konnte Andrés Arauz mit deutlichem Abstand die meisten Stimmen (32,7 %) auf sich vereinen, erreichte aber nicht die erforderliche Mehrheit. Den Zweitplatzierten Lasso (19,74 %) und Yaku Pérez auf Platz drei (19,39 %) trennten nur ca. 30.000 Stimmen bzw. 0,35 Prozentpunkte. Dahinter erreichte Xavier Hervas (ID) mit 15,7 % als vierter Kandidat eine signifikante Stimmanzahl, die übrigen Kandidaten kamen nicht über mehr als knapp zwei Prozent hinaus.[11] Aufgrund des knappen Wahlausgangs zwischen Lasso und Pérez beantragte Pérez eine Neuauszählung in 17 der 24 Provinzen aufgrund des Verdachts der Wahlmanipulation, die vom Wahlrat abgelehnt wurde.[12] Pérez und die Pachakutik riefen daraufhin ihre Anhänger dazu auf, in der Stichwahl keinem der Kandidaten die Stimme zu geben und ungültig zu wählen.[13]

In der auf den 11. April datierten Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten gewann dann Guillermo Lasso mit 52,4 % und etwa fünf Prozentpunkten Vorsprung vor Arauz (47,6 %) und wurde damit zum Präsidenten Ecuadors gewählt.[14] Seine vierjährige Amtszeit beginnt am 24. Mai 2021.

Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen
ListePartei oder BündnisKandidatVizeErste RundeZweite Runde
Stimmen%Stimmen%
21 / 6Movimiento Creando Oportunidades / Partido Social Cristiano (CREO/PSC) Guillermo LassoAlfredo Borrero1.830.17219,744.656.42652,36
1 / 5Unión por la Esperanza (UNES) Andrés ArauzCarlos Rabascall3.033.79132,724.236.51547,64
18Movimiento de Unidad Plurinacional Pachakutik (MUPP) Yaku PérezVirna Cedeño1.798.05719,39
12Izquierda Democrática (ID) Xavier HervasMaría Sara Jijón1.453.91515,68
16Acción Movilizadora Independiente Generando Oportunidades (AMIGO) Pedro José FreileByron Solís192.7632,08
8Partido Político Avanza (AVANZA) Isidro RomeroSofía Merino172.7141,86
3Partido Sociedad Patriótica (PSP) Lucio GutiérrezDavid Norero164.8001,78
4Movimiento Ecuatoriano Unido (MEU) Gerson AlmeidaMartha Villafuerte160.5721,73
35Alianza PAIS (PAIS) Ximena PeñaPatricio Barriga143.1601,54
23Partido Sociedad Unida Más Acción (SUMA) Guillermo CeliVerónica Sevilla84.6400,91
25Movimiento Construye (MC25) Juan Fernando VelascoAna María Pesántes76.3490,82
17 / 51Alianza Honestidad (MC-PSE) César MontúfarJulio Villacreses57.6200,62
20Democracia Sí (DSÍ) Gustavo LarreaAlexandra Peralta36.9030,40
10Fuerza Ecuador (FE) Carlos SagnayNarda Ortiz26.5240,29
19Unión Ecuatoriana (UE) Giovanny AndradeKatherine Mata20.2450,22
33Movimiento Nacional Juntos Podemos (MNJP) Paúl CarrascoFrank Vargas Anda19.8090,21

In den Wahlergebnissen zeigen sich regionale Unterschiede zwischen den Provinzen der Küste und des Andenhochlandes (Sierra) und Amazoniens. Während Arauz im ersten Wahlgang die Stimmmehrheit in allen Küstenprovinzen (mit Ausnahme der Galápagos-Inseln) errang, wählten die Bewohner des Hochlandes und Amazoniens mehrheitlich Yaku Pérez. Guillermo Lasso konnte im Land lediglich die Hauptstadtprovinz Pichincha sowie die Galápagos-Inseln gewinnen. In Carchi erzielte Xavier Hervas eine Mehrheit.

Im zweiten Wahlgang votierten die Einwohner der Provinzen, in denen zuvor für Pérez gestimmt worden war, mehrheitlich für Lasso, der zudem auch die Provinzen Imbabura und Santo Domingo de los Tsáchilas (Teile der Sierra) von Arauz gewinnen konnte.

Mehrheiten in den Provinzen in der ersten Runde
  • Arauz
  • Lasso
  • Pérez
  • Hervas
  • Mehrheiten in den Provinzen in der zweiten Runde
  • Arauz
  • Lasso
  • Parlamentswahl

    Bearbeiten

    Zusammensetzung

    Bearbeiten

    Die 137 Sitze des ecuadorianischen Parlaments, der Nationalversammlung, setzten sich wie folgt zusammen:[5]

    • 15 Abgeordnete von nationalen Listen (nacional)
    • 116 Abgeordnete von Provinzlisten (provincial)
    • 6 Abgeordnete von Listen der Emigranten (exterior): 2 für die Vereinigten Staaten und Kanada; 2 für Lateinamerika, die Karibik und Afrika; 2 für Europa, Asien und Ozeanien
    Verteilung der Sitze zur Nationalversammlung zur Parlamentswahl 2021

    Die 24 Provinzen Ecuadors stellten 116 der 137 Parlamentssitze. Diese verteilten sich unterschiedlich:

    Anzahl der Parlamentssitze je Provinz
    ProvinzSitze
    Azuay5
    Cañar3
    Chimborazo4
    El Oro5
    Galápagos2
    Imbabura4
    Los Ríos6
    Morona Santiago2
    Orellana2
    Pichincha16
    Santo Domingo de los Tsáchilas4
    Tungurahua4
    Bolívar3
    Carchi3
    Cotopaxi4
    Esmeraldas4
    Guayas20
    Loja4
    Manabí9
    Napo2
    Pastaza2
    Santa Elena3
    Sucumbíos3
    Zamora Chinchipe2

    Wahlausgang

    Bearbeiten
    Sitzverteilung
    51
    26
    18
    17
    12
    3
    2
    2
    2
    1
    1
    1
    1
    51 26 18 17 12 
    Insgesamt 137 Sitze
    • UNES: 51
    • MUPP: 26
    • PSC: 18
    • ID: 17
    • CREO: 12
    • Lokale: 3
    • MC-PSE: 2
    • MEU: 2
    • AVANZA: 2
    • PSP: 1
    • DSÍ: 1
    • UE: 1
    • MC25: 1

    Aus der Parlamentswahl ging die Unión por la Esperanza (UNES) als stärkste Kraft hervor, gefolgt von Pachakutik (MUPP), der Izquierda Democrática (ID) und der Partido Social Cristiano (PSC). Letztere errang aber einen Sitz mehr aus den Provinzen, sodass sie im Parlament über einen Sitz mehr als die ID verfügt. Von 13.107.364 registrierten Wahlberechtigten erschienen 10.616.457 zur Wahl (Wahlbeteiligung: 81,00 %) und gaben 8.025.416 gültige Stimmen ab (Anteil ungültiger Stimmen: 24,4 %).[11][15][16] Insgesamt gab es etwa 300.000 Wahlberechtigte mehr als im Jahr 2017.

    Die Alianza PAIS von Lenín Moreno, die bei der letzten Wahl 2017 noch 74 und 2013 100 der 137 Sitze inne und damit eine deutliche Mehrheit in der Asamblea Nacional hatte, verlor alle Parlamentssitze und erreichte lediglich einen Stimmanteil von noch 2,8 %. Die Unterstützer des Ex-Präsidenten Correa hatten sich nach dem Bruch mit Moreno dessen neuer Gruppierung UNES mit Andrés Arauz zugewandt. Deutliche Zugewinne erzielten zudem die Pachakutik und die Izquierda Democrática.

    Das Bündnis aus Creando Oportunidades (CREO) und PSC des später gewählten neuen Präsidenten Lasso verfügt gemeinsam über 30 Sitze im Parlament und damit über keine eigene Mehrheit.

    Ergebnisse der Parlamentswahl
    Partei oder BündnisStimmenAnteilSitze
    nationalProvinzenEmigrantenGesamt
    Unión por la Esperanza (UNES)2.584.59532,21542451
    Movimiento de Unidad Plurinacional Pachakutik (MUPP)1.348.67916,81322126
    Izquierda Democrática (ID)961.51311,98215017
    Partido Social Cristiano (PSC)780.5419,73216018
    Movimiento Creando Oportunidades (CREO)774.2389,6529112
    Alianza Honestidad (MC-PSE)301.3693,761102
    Alianza PAIS (PAIS)222.0922,770000
    Movimiento Ecuatoriano Unido (MEU)166.8882,080202
    Partido Avanza (AVANZA)154.5291,930202
    Partido Sociedad Patriótica (PSP)145.3981,810101
    Unidad Popular (UP)139.9691,740000
    Partido Sociedad Unida Más Acción (SUMA)135.0381,680000
    Democracia Sí (DSÍ)84.2091,050101
    Fuerza Ecuador (FE)70.8540,870000
    Unión Ecuatoriana (UE)59.0800,740101
    Movimiento Construye (MC25)57.7110,720101
    Movimiento Nacional Juntos Podemos (MNJP)37.4380,470000
    Lokale Bündnisse0303
    Gesamt151166137

    Einzelnachweise

    Bearbeiten
    1. a b c Präsidentenwahl in Ecuador: Linksgerichteter Kandidat liegt vorne. In: tagesschau.de. Abgerufen am 13. April 2021.
    2. a b Ecuador: Konservativer Lasso gewinnt Präsidentenwahl. In: tagesschau.de. Abgerufen am 13. April 2021.
    3. Rafael Abuchaibe: Ecuador picks president under the shadow of Covid. In: BBC News. 11. April 2021 (bbc.com [abgerufen am 13. April 2021]).
    4. Konservativer Banker zum Präsidenten von Ecuador gewählt. In: Gießener Anzeiger. 12. April 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. April 2021; abgerufen am 13. April 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.giessener-anzeiger.de
    5. a b Ecuador: Sistemas Electorales / Electoral Systems. In: Political Database of the Americas. Center for Latin American Studies, abgerufen am 13. April 2021 (englisch).
    6. Elections: Ecuador Pres 2013. In: IFES Election Guide. Abgerufen am 13. April 2021.
    7. Banker wird Präsident. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 13. April 2021.
    8. Explainer: Ecuador’s 2021 Presidential Elections. AS/COA, abgerufen am 13. April 2021 (englisch).
    9. Knut Henkel: Wahlen in Ecuador: Der indigene Kandidat Yaku Pérez. In: Blickpunkt Lateinamerika. Abgerufen am 13. April 2021.
    10. Rafael Romo: Indigenous leader becomes surprise contender in Ecuador's presidential election. In: edition.cnn.com. Abgerufen am 13. April 2021.
    11. a b PRESENTACIÓN DE RESULTADOS PRELIMINARES ELECCIONES GENERALES 2021. In: Sistema Informático de Escrutinio y Resultados. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 12. April 2021 (spanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/resultados.cne.gob.ec
    12. Ecuador's Lasso advances to presidential runoff; Perez disputes results. In: Reuters. 21. Februar 2021 (reuters.com [abgerufen am 13. April 2021]).
    13. Alexandra Schmeil: Präsidentschaftswahl in Ecuador: Conaie boykottiert Stichwahl. In: amerika21.de. 19. März 2021, abgerufen am 13. April 2021.
    14. Resultados - Elecciones Generales 2021. cne.gob.ec, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. April 2021; abgerufen am 30. April 2021 (spanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/elecciones2021.cne.gob.ec
    15. Al menos 122 asambleístas ya tienen su curul asegurada. In: Primicias. Abgerufen am 12. April 2021 (spanisch).
    16. Resultados primera vuelta electoral. In: Primicias. Abgerufen am 12. April 2021 (spanisch).