„Beschleunigte Verwitterung“ – Versionsunterschied

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RCP-Szenarien beschreiben Repräsentative Konzentrationspfade die als Szenarien für den Verlauf von den absoluten Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre verwendet werden.
 
== 4. Entstehungsgeschichte EW ==
== 2. Klimaentwicklung ==
 
=== 2.1. Klimaentwicklung der vergangenen Jahrzehnte (zusammengefasst aus IPCC Report, 2023) ===
Anthropogen verursachte Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO<sub>2</sub>) und Methan (CH<sub>4</sub>) haben die globale Erderwärmung beschleunigt, wodurch es zu einem globalen Anstieg der Oberflächentemperatur der Erde kommt. Der Klimawandel wirkt sich in vielen Regionen der Welt auf Wetter- und Klimaextreme aus. Dadurch kommt es zu weitreichenden Auswirkungen auf die Wasserversorgung und die Sicherheit von Lebensmitteln, der Gesundheit von Lebewesen, der Wirtschaft und vielen weiteren Aspekten.<ref name=":2">{{Internetquelle |autor=Anonymous |url=https://dx.doi.org/10.5194/esd-2019-88-rc3 |titel=Review of “Global climate response scenarios for IPCC AR6” |datum=2020-05-06 |abruf=2023-07-25}}</ref>
 
Im Vergleich zu den Jahren 1850-1900, lag die globale Oberflächentemperatur von 2011-2020 um ca. 1,1°C darüber. Der Anstieg der Temperaturen war dabei über den Landoberflächen höher als über den Ozeanen. Dabei ist die Erwärmung der Ozeane für 91% der Erwärmung des Klimasystems verantwortlich. Seit 1970 steigt die Oberflächentemperatur schneller an als in allen anderen 50-Jahres-Zeiträumen zuvor.<ref name=":2" />
 
Die Netto-CO<sub>2</sub>-Emissionen betrugen von 1850 bis 2019 2400 ±240 Gigatonnen CO<sub>2</sub>. Davon wurden 58% zwischen 1850 und 1989 und ca. 42% zwischen 1990 und 2019 in die Erdatmosphäre abgegeben. Die durchschnittlichen anthropogenen Netto-Treibhausgas-Emissionen pro Kopf lagen 2019 zwischen 2,6 tCO<sub>2</sub>-eq und 19 tCO<sub>2</sub>-eq, in Bezug auf unterschiedliche Regionen der Erde. Kleine “Insel-Entwicklungsstaaten” sowie andere wenig entwickelte Länder weisen viel geringere CO<sub>2</sub>-Emissionen pro Kopf auf. Hier sind es 1,7 tCO<sub>2</sub>-eq bzw. 4,6 tCO<sub>2</sub>-eq im Vergleich zum globalen Durchschnitt.<ref name=":2" />
 
Ein konstanter Anteil der anthropogen verursachten CO<sub>2</sub>-Emissionen, von weltweit ca. 56% pro Jahr, wurde in den letzten 60 Jahren von Land- und Meeressenken aufgenommen. 2019 erreichte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre 410 ppm (parts per million).<ref name=":2" />
 
Weitere Faktoren, die zur Erderwärmung beitragen, sind Ozon (O<sub>3</sub>) und halogene Gase. Dabei sind die Konzentrationen von CH<sub>4</sub> und N<sub>2</sub>O (Distickstoffmonoxid) auf ein Niveau angestiegen, das seit mindestens 800.000 Jahren nicht mehr erreicht wurde.<ref name=":2" />
 
=== 2.2  Auswirkung der CO2-Entwicklung anhand von RCP-Szenarien ===
In Zukunft werden sich über tausende von Jahre der Anstieg des Meeresspiegels, das Abschmelzen der Eisschilde sowie andere unumkehrbare Veränderungen fortsetzen. Dies wird abhängig sein von den Raten zukünftiger Treibhausgasemissionen.<ref name=":2" />
 
In terrestrischen Ökosystemen werden unter anderem, bei einer Erwärmung von 1,5°C, wahrscheinlich 3-14% der untersuchten Arten einem höheren Risiko des Aussterbens ausgesetzt sein und Korallenriffe um weitere 70 % bis 90 % zurückgehen.<ref name=":2" />
 
Bis 2100 soll es zu einer globalen Erwärmung von 3,2 °C kommen, würde die Erwärmung mit >4°C bis 2100 fortschreiten, könnte es zu einer Umkehrung von Technologie oder der Abschwächungspolitik kommen.<ref name=":2" />
 
Damit jedoch die globale Erwärmung auf 1,5°C oder weniger als 2°C begrenzt werden kann, muss es tiefgreifende und langanhaltende Verringerungen der Treibhausgasemissionen auf eine Netto-Nullstellung der CO2-Emissionen geben. Dabei gibt es Szenarien, in denen dies schon in den frühen 2030er Jahren als auch um 2050 erreicht werden kann.<ref name=":2" />
 
Mit Hilfe der angeregten Verwitterung könnten die RCP-Szenarien 2.6 und 4.5 früher erreicht und die Auswirkungen auf die Umwelt begrenzt werden.
 
==== RCP-Szenarien: Representative Concentration Pathways ====
Zum Beispiel steht RCP 6.0 für einen Strahlungsbetrieb durch anthropogene Treibhausgase von 6,0 W/m² im Jahr 2100 im Vergleich zu 1850. Durch verschiedene Faktoren, welche die anthropogenen Emissionen entweder verstärken oder verringern, kommen die unterschiedlichen Graphen zustande.
 
Die nach dem Strahlungsantrieb jeweils berechneten sozio-ökonomischen Szenarien berücksichtigen die Bevölkerungszunahme, das Bruttosozialprodukt, den Energieverbrauch, die Verwendung verschiedener Energieträger und andere Faktoren.
[[Datei:All forcing agents CO2 equivalent concentration.svg|mini|Abbildung 1: RCP-Szenarien (All forcing agents CO2 equivalent concentration.svg) ]]
 
* RCP '''8.5''' ist ein Szenario mit ungebremsten Emissionen.
* RCP '''6.0''' nimmt an, dass sich die Emissionen leicht erhöhen, da angenommen wird dass die Weltbevölkerung auf 10 Mrd. anwächst, jedoch die Pro-Kopf-Emissionen gleichbleiben
* RCP '''4.5''' geht davon aus, dass sich die Weltbevölkerung auf ca. 9 Mrd. erhöht, aber sich die Pro-Kopf-Emissionen von den derzeitigen 5t/Jahr, bis 2080 halbieren.
* RCP '''2.6''' ist ein Szenario mit extrem niedrigen Emissionen: Für dieses Szenario wird erwartet, dass die Pro-Kopf-Emissionen stark fallen und bis 2080 auf 0 sinken.
 
== 3. Verwitterung allgemein (chemisch, physikalisch, biologisch) ==
[[Verwitterung]] ist der natürliche Prozess, bei dem der Zustand von Gesteinen und Mineralen durch die Einwirkung von biotischen und abiotischen Faktoren verändert wird. Es werden drei Typen von Verwitterung unterschieden: physikalische, chemische und biologische.
 
=== Physikalische Verwitterung ===
[[Verwitterung#Physikalische Verwitterung|Physikalische Verwitterung]] umfasst die mechanische Zerstörung von Gestein durch Prozesse wie z.B. Frostsprengung, oder Salzverwitterung. Dabei wird das Gestein in Fragmente zerlegt, deren Größe von großen Blöcken bis zu feinem Sand und Silt reichen kann.
 
=== Chemische Verwitterung ===
[[Verwitterung#Chemische Verwitterung|Chemische Verwitterung]] wird durch jene Mechanismen definiert, welche zur chemischen Veränderung oder sogar zur Lösung von Gesteinen, durch das Einwirken von Wässern führen. Aufgrund der chemischen Verwitterung wird das Gestein so verändert, dass entweder Elemente bzw. Verbindungen aus dem Gestein gelöst oder neu eingebaut werden. Weil chemische Verwitterung an Wasser gebunden ist, spielt sie vor Allem in Regionen mit humidem Klima eine bedeutende Rolle. In Regionen mit großem Wasserüberschuss werden die aus dem Gestein gelösten Stoffe oft in Fließgewässern abgeführt und gelangen so letztlich ins Meer.
 
=== Biologische Verwitterung ===
Bei der [[Verwitterung#Biotische Verwitterung|biologischen Verwitterung]] handelt es sich um das Einwirken der belebten Natur auf den Verwitterungsprozess von Gesteinen. Man kann die physikalisch-biologische und die chemisch-biologische Verwitterung unterscheiden.
 
Die physikalisch-biologische Verwitterung stellt die mechanische Beanspruchung von Pflanzen auf Gesteine dar. Dieser Wirkungsweise liegt der Druck zugrunde, den Pflanzen auf Gesteine ausüben. Bei der chemisch-biologischen Verwitterung greifen die Ausscheidungen (z. B. organische Säuren) von Organismen die Minerale der Gesteine an. Außerdem bilden die [[Exsudation (Pflanze)|Exsudate]] organische Verbindungen mit Kationen und tragen damit zur Verwitterung bei.
 
== 4. Entstehungsgeschichte EW ==
 
=== Geologischer Hintergrund ===
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Zusammenfassend ist zu sehen, dass sich die Entwicklung von EW-Methoden seit ihren Anfängen vom Ausgleichen der Emissionen der fossilen Brennstoffe, auf die Sequestrierung von mehreren Gt CO<sub>2</sub> pro Jahr erweitert hat, um die Emissionen der Vergangenheit mit auszugleichen.
 
== 5. Funktionsweise (naturwiss. Grundlagen) ==
{{Belege fehlen|Dieser Abschnitt war ursprünglich mit Einzelnachweisen auf [[:en:Enhanced weathering]] belegt}}
Die Verwitterung verläuft je nach Korngröße unterschiedlich ab, wobei kleinere Körner aufgrund ihrer größeren Angriffsfläche vor den größeren Körnern aufgelöst werden. Kleinere Körner verwittern somit schneller. EW kann durch verschiedene geochemische Mechanismen erfolgen, die hauptsächlich von der Art der beteiligten Minerale abhängen. Dazu gehören Lösungs-, Hydratations-, Hydrolyse- und Oxidationsverwitterung. Die Karbonatverwitterung ist eine besondere Form der Lösungsverwitterung.
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* Gewinnung von Kohlenstoff aus der Umgebungsluft, Abscheidung und Lagerung ([[Direct air capture#DACCS|DACCS]]): CO<sub>2</sub>-haltige Oberflächenwasser werden in geeignete Speicher in den Untergrund befördert. In diesem Speicher befindet sich silikatischer Staub, der mit dem Wasser reagiert und das CO2 speichert.<ref>{{Literatur |Autor=Peter B. Kelemen, Noah McQueen, Jennifer Wilcox, Phil Renforth, Greg Dipple, Amelia Paukert Vankeuren |Titel=Engineered carbon mineralization in ultramafic rocks for CO2 removal from air: Review and new insights |Sammelwerk=Chemical Geology |Band=550 |Datum=2020-09-20 |ISSN=0009-2541 |DOI=10.1016/j.chemgeo.2020.119628 |Seiten=119628}}</ref>
 
== 6. Potential (Ausblick) ==
 
=== 6.1 CO<sub>2</sub>-Bilanz ===
Die jährliche CDR-Rate für eine bestimmte Landfläche ist die Menge an CO<sub>2</sub>, die aus der Atmosphäre durch EW entfernt werden kann. Sie bestimmt das regionale CDR-Potenzial und hängt von drei Faktoren ab:<ref name=":8">{{Literatur |Autor=Jessica Strefler, Thorben Amann, Nico Bauer, Elmar Kriegler, Jens Hartmann |Titel=Potential and costs of carbon dioxide removal by enhanced weathering of rocks |Sammelwerk=Environmental Research Letters |Band=13 |Nummer=3 |Datum=2018-03-01 |ISSN=1748-9326 |DOI=10.1088/1748-9326/aaa9c4 |Seiten=034010}}</ref>
 
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Die Länder mit dem größten Potential sind auch die größten Kohlenstoff-Emittenten durch fossile Energie: China, Indien und die USA. Brasilien und Indien weisen aufgrund des Klimas und der vielen Ackerflächen, auch ein sehr hohes Potenzial auf. In Europa, in Ländern wie zum Beispiel Deutschland, Spanien und Polen, wäre es möglich durch EW 30% der Emissionen von 2019 auszugleichen. Bei der globalen Aufrechterhaltung von EW über fünf Jahrzehnte könnten 25-100 Gt CO<sub>2</sub> aus der Atmosphäre entfernt bzw. gespeichert werden.<ref name=":6" />
 
=== 6.2 Voraussetzungen und geeignete Standorte ===
Die Einsatzgebiete von EW müssen zwei wichtige Anforderungen erfüllen. Erstens muss eine allgemeine Verfügbarkeit von Wasser für die chemische Verwitterung ganzjährig gegeben sein. Zweitens ist die Verwitterung temperaturabhängig und bei erhöhten Temperaturen deutlich schneller. In Anbetracht der beiden wichtigen Basisparameter, sind alle Ackerflächen und Wälder in warmen und feuchten Regionen geeignete Einsatzgebiete, um schnelle Verwitterungsraten zu gewährleisten. Die gesamte Fläche, die für Enhanced Weathering als geeignet identifiziert wurde, macht etwa 50 % der globalen Ackerfläche aus.<ref name=":8" />
 
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Auch gemäßigte Zonen weisen ein Potenzial auf, jedoch im Vergleich dazu nur ein geringes, da dort Verwitterungsprozesse viel langsamer ablaufen. In Europa könnten Deutschland, Polen und Spanien 30% der derzeitigen Emissionen der europäischen Länder ausgleichen.<ref name=":6" />
 
== 7. Kosten / Wirtschaftlichkeit ==
Die Kostenabschätzung für EW beträgt zwischen 75 und 250 US-Dollar pro Tonne CO<sub>2</sub> weltweit. Die durchschnittlichen Kosten in den USA, Kanada und Europa (160-190 US-Dollar pro Tonne gespeicherten CO<sub>2</sub>) liegen fast 50% höher als in Brasilien, China, Indien, Indonesien und Mexiko (55-120 US-Dollar pro Tonne gespeicherten CO<sub>2</sub>). Dieser Unterschied entsteht durch die Kosten für Arbeit, Diesel und Strom. In Brasilien, China, Indien und Indonesien könnte es zukünftig eine wirtschaftlich attraktive Option werden, da die Länder Förderkosten in Höhe von 75-100 US-Dollar pro Tonne gespeicherten CO<sub>2</sub> bekommen.<ref name=":6" />
 
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Die geschätzten Kosten für EW sind vergleichbar mit den aktuellen Schätzungen für die intensiven CDR-Technologien [[Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung|BECCS]] und [[Direct air capture#DACCS|DACCS]] (100-300 US-Dollar pro t CO<sub>2</sub>). Die Schätzungen für die Herstellung und Anwendung von [[Pflanzenkohle|Biokohle]] betragen 30-120 US-Dollar pro t CO<sub>2</sub>. Lediglich die zwei Methoden [[Aufforstung]] / Wiederaufforstung (<100 US-Dollar pro t CO<sub>2</sub>) und [[Kohlenstoffbindung im Boden|Organische Kohlenstoffbindung]] im Boden (0-10 US-Dollar pro t CO<sub>2</sub>) sind wesentlich günstiger.<ref name=":6" />
 
== 8. Unsicherheiten und Herausforderungen ==
Enhanced Weathering wird nur dann als relevante CDR-Option in Betracht gezogen werden können, wenn diese im klimapolitischen Rahmen wirtschaftlich wettbewerbsfähig, nicht umweltschädlich und in der Lage ist erhebliche Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Wenn neben Ackerflächen auch weitere Bereiche, wie z.B. Wälder berücksichtigt werden, würden diese das globale CDR-Potenzial verbessern. Dadurch könnten aber aufgrund von verringerter Zugänglichkeit die Kosten um einen Faktor von 2–4 erhöht werden.<ref name=":8" />
 
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Damit 190 Mt (Megatonnen) Basalt zu Gesteinsmehl mit Korngrößen von <10 μm und <100 μm verarbeitet werden kann, werden 32, 904 GWh (Gigawattstunden) und 3595 GWh an Energie gebraucht.
 
=== 8.2 CO<sub>2</sub>-Bindung ===
Durch den Transport per Bahn werden viel weniger CO<sub>2</sub>-Emissionen freigesetzt als mit einem LKW per Straße. Laut Studien wird bei einer Aufbringungsrate von 50 t ha-1 von gebrochenem Basalt, ein CDR-Potenzial von 1,3 und 8,5 Tonnen an CO<sub>2</sub> ha-1 nach 15 Jahren Verwitterung erreicht.<ref>{{Literatur |Autor=Amy L. Lewis, Binoy Sarkar, Peter Wade, Simon J. Kemp, Mark E. Hodson, Lyla L. Taylor, Kok Loong Yeong, Kalu Davies, Paul N. Nelson, Michael I. Bird, Ilsa B. Kantola, Michael D. Masters, Evan DeLucia, Jonathan R. Leake, Steven A. Banwart, David J. Beerling |Titel=Effects of mineralogy, chemistry and physical properties of basalts on carbon capture potential and plant-nutrient element release via enhanced weathering |Sammelwerk=Applied Geochemistry |Band=132 |Datum=2021-09-01 |ISSN=0883-2927 |DOI=10.1016/j.apgeochem.2021.105023 |Seiten=105023}}</ref>
 
== 10. Kritische Aspekte ==
'''Ethische Aspekte'''